Bahariya mit Abstecher ins Fayoum im Oktober 2010

Nachdem wir letztes Jahr einen großen Umweg über die Oase Siwa gefahren sind um nach Bahariya zu kommen, entscheiden wir uns dieses Jahr für einen kleinen Abstecher ins Fayoum. Besonders interessiert uns das Wadi Rayan und Wadi Hitan.
Am Vormittag fahren wir in Kairo los und nehmen den direkten Weg in die Halboase Fayoum. Das Fayoum gehört eigentlich nicht mehr zur Westlichen Wüste sondern wurde früher vom Wasser des Nils gespeist, war später der Jagdplatz für Ägypten's Pharaonen und gehört somit auch heute noch zum Niltal.
Wir fahren südlich des Qarunsees, vorbei an vollverschleierten Frauen, die in der Hitze den Vorbeifahrenden frischen Fisch anbieten, bis wir schließlich das Haupttor zum Wadi Rayan Nationalpark erreichen. Der Eintritt kostet USD 3 pro Person plus EGP 5 für den Jeep.
Weiter geht es auf der Asphaltstraße bis wir nach einer kurzen Weile links in Richtung Wadi Rayan abbiegen. Hier liegen zwei größere Seen in schöner Wüstenlandschaft, die durch einen Kanal miteinander verbunden sind. Das besondere an dieser Verbindung ist der kleine Wasserfall, einzigartig in Ägypten. Die anwesenden ägyptischen Ausflügler nehmen ein Bad in einem der Seen und wir machen erst einmal eine Pause im Schatten einer der Cafeterias vor Ort, die alle das gleiche anbieten. Dann sehen wir uns den Wasserfall etwas genauer an. Nur ein kurzer Streifen rechts und links des Kanals ist fruchtbar, der Rest ist Wüste.
Das Visitor Center ist bei unserem Besuch geschlossen und so machen wir uns auf die Weiterfahrt ins Wadi Hitan. Im Wadi Hitan, das auf Deutsch Tal der Wale heisst, gibt es Skelette riesiger heute ausgestorbener Wale zu bestaunen. Sie liegen an Ort und Stelle im Wüstensand, wo man sie gefunden hat. Früher gab es hier einen Ozean. Das eigentliche Wadi Hitan kann nur noch zu Fuss besichtigt werden. Es gibt verschiedene Rundgänge. Am Eingang gibt es ebenfalls ein Besuchszentrum und eine kleine Cafeteria. Die Wüstenlandschaft ist so schön, dass ich das Fotografieren vergesse.
Wir verlassen das Wadi Hitan mit unserem Jeep auf dem kurzen Wüstentrack in Richtung Oasenstraße. Bald kommen wir an einem Felsen in der Wüste vorbei, der Teufelsberg genannt wird, aufgrund seines Aussehens im Licht der untergehenden Sonne. Wir wollen nicht so lange warten und setzen unseren Weg fort. Unterwegs fahren wir an einem kleinen Tal mit Akazienbäumen vorbei. Bald danach erreichen wir die Oasenstraße.
Wir verbringen die Nacht hinter einer Düne in der Nähe der Oasenstraße. Nachdem der Mond untergegangen ist, haben wir einen tollen Blick auf den Sternenhimmel....
 
Am nächsten Tag erreichen wir am Morgen den Checkpoint bei Managim. Managim gehört noch nicht wirklich zur Oase Bahariya, auch wenn heutzutage viele Bahariyaner in der Eisenerzmine arbeiten. Für die Arbeiter aus dem Niltal entstand die Siedlung Managim. Ein Bus bringt die Arbeiter von der Siedlung bzw. von Bahariya aus in die Mine. Das abgebaute Eisenerz wird per Schiene direkt nach Helwan transportiert, wo es weiterverarbeitet wird.
 
Wir setzen unseren Weg in die Oase Bahariya fort. Einige Minuten nach Managim geht es die Oasendepression in die Senke der Oase Bahariya hinunter. Die Oasen der Westlichen Wüste bestehen nicht aus einem zusammenhängendem fruchtbaren Gebiet sondern aus vielen verschiendenen Brunnenarealen, zwischen denen teils ausgedehnte Wüstenflächen liegen. Auf Arabisch wird die Oase Bahariya dann auch als "Al Wahat al Bahariya" bezeichnet, was korrekt übersetzt "die Oasen von Bahariya" bedeutet.
 
Bei unserem diesjährigen Aufenthalt verbringen wir sehr viel Zeit bei der Familie und werden lecker bekocht.
Heute gibt es Suppe, selbst eingelegte Oliven, Salat aus Tomaten und Gurken, Kartoffelgemüse, Bamia (Okraschoten) und Molochija. Das sind natürlich nur die Vorspeisen. Als Hauptgang wird uns später noch Reis und Hühnchen serviert. Gegessen wird auf dem Boden sitzend von einem kleinen runden Tisch. Wenn alle Familienmitglieder anwesend sind, finden natürlich nicht alle um diesen Tisch herum Platz. Dann essen die Männer zuerst.
Nach dem Essen gibt es Tee. Der Tee muss immer heiß sein; es stört aber niemanden, wenn das Essen schon ein wenig abgekühlt ist.
 
 
   
 
Und wie das bei einem Aufenthalt in einer ganz anderen Welt so ist, bieten sich auch hier interessante und kuriose Ein- und Ausblicke, gleich wenn man aus der Türe tritt:
In dieser männlichen Dattelpalme hängt eine Männerhose. Sie soll dafür sorgen, dass die Ernte reichhaltiger ausfällt.
Nur die weiblichen Dattelpalmen tragen die Früchte. Sie werden jedes Jahr künstlich bestäubt.
 
 
 
 
 
Nachmittags unternehmen wir immer etwas. Heute fahren wir nach Umm El Efah. Umm El Efah ist das kleine Dünengebiet links der Asphaltstraße Bawiti - Farafra. Wir setzen uns in den Sand und genießen einen tollen Sonnenuntergang.
Am Abend treffen wir uns noch mit Herrn Tondok, dem Verfasser des Reiseführers "Ägypten individuell". Er kennt die Oasen und die Westliche Wüste schon sehr lange und wir führen ein nettes Gespräch. Ich weise ihn darauf hin, dass er daran schuld ist, dass es mich in die Oase verschlagen hat, denn es war die Beschreibung der Weißen Wüste und der Oasen in seinem Reiseführer, die mich veranlasst hat, das erste Mal in die Weiße Wüste zu reisen. Samy freut es sehr, dass er die Möglichkeit hat Herrn Tondok einmal persönlich zu treffen.
 
 
   
Der nächste Tag steht im Zeichen der Kunst. Wir treffen die Künstler Bahariya's. Zuerst besuchen wir Naglaa in ihrer Ausstellung. Naglaa hat die traditionellen Wandmalereien (früher an den Außenwänden als Hadschmalereien für zurückkehrende Pilger und in den Innenräumen zur Dekoration) weiterentwickelt und malt schöne Bilder rund um das Thema Wüste und Leben in einer Oase. In ihrer Art Exhibition stellt sie diese aus und bietet sie zum Verkauf.
 
 

Außerdem fahren wir ins Oasis Heritage Museum von Mahmoud Eid. In seinem Museum hat er typische Szenen des Oasenalltags vergangener Tage nachgestellt und mit eigens gefertigten Lehmfiguren (fast) originalgetreu nachgebildet.
Hier sieht man musizierende Männer und einen Mann beim traditionellen Stocktanz.
Darüber hinaus fertigt er weitere Figuren aus Lehm und ganz besondere Bilder, z.b. aus Sand. Für seine Kunst verwendet er dann auch (fast) ausschließlich natürliche Materialien, wie Lehm, Sand und Hölzer.
 

    
 
 
 
Angeregt durch diese beiden Besuche entsteht die Idee Kunstreisen zum Austausch mit den Künstlern Bahariya's anzubieten.
 
 
 
 
 
 
 
  
 
Obwohl sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel in der Oase Bahariya verändert hat, kann man immer noch miterleben, wie Reis aus eigenem Anbau weiterverarbeitet wird.
Hier wird der Reis zuerst zerstossen, so dass sich die Schale vom Reiskorn trennt. Durch das Schütteln fliegt die leichtere Schale im Wind davon während die schweren Reiskörner auf dem Tablett liegenbleiben. Manchmal ist es außerdem notwendig, den Reis noch einen Tag in der Sonne liegen zu lassen. Vor dem Kochen wird der Reis dann noch einmal ausgelesen und gewaschen.
  
 
   
 
Das Tablett ist übrigens aus Palmenblätter gefertigt. Die Dattelpalme ist ein Wunder der Natur: aus all ihren Teilen wird in den Oasen etwas hergestellt: seien es Balken und ganze Palmendächer (mit Lehm verputzt), Bettgestelle, Stühle, Transportkisten oder eben diese Palmtabletts. Man kann aus den Palmenblätter auch einfaches Spielzeug für die Kinder fertigen oder ganze Grundstücksumzäunungen.
 
 
 
 
 
 
  
Am Rand des Dünengebiets Umm El Efah sind einige Neulandprojekte entstanden. Hier versucht man es mit dem Anbau von Oliven. Oliven sind widerstandsfähiger, verbrauchen weniger Wasser und sind pflegeleichter als Palmen. Einige haben von der Bewässerung über die traditionellen Bewässerungskanäle, bei der viel Wasser versickert und verdunstet auf Tröpfchenbewässerung umgestellt, um die kostbare Ressource Wasser zu sparen. Einige Neulandgebiete sind außerdem groß genug um größere Geräte wie Traktoren und Pflüge zum Einsatz kommen zu lassen.
 
 
 
 
 
 
  
 
Und so wird der kleine Olivenbaum von oben hoffentlich in ein paar Jahren aussehen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 
Bei Bir Ghaba gibt es die größte Kamelfarm der Oase. Sie gehört der Familie Nagy, die in den 70er Jahren nach Bahariya kam und als Beduinenfamilie einige beduinische Traditionen, wie etwa die Kamelzucht, in der Oase wiederbeleben konnte.
 
 
 
 
 
 
 
Alle paar Jahre wieder sollte man sich aufmachen und die antiken Sehenswürdigkeiten der Oase Bahariya ansehen. Berühmt geworden ist Bahariya 1995 durch den Fund der Goldenen Mumien. Auch wenn man sich gewaltig verschätzt hat, was die Ausmaße betrifft (ursprünglich war von bis zu 10.000 Goldenen Mumien die Rede - es sind aber nur wenige Hundert), ist es doch erstaunlich, dass solch ein Schatz so weit abseits des Nils gefunden wurde. 11 Goldene Mumien sind derzeit immer noch lieblos in einer alten Lagerhalle ausgestellt.
Allerdings konnten wir diesmal kaum unseren Augen trauen: die Lagerhalle wird tatsächlich umgebaut; sie soll nur noch Lagerhalle sein und es soll ein neues Gebäude entstehen, in dem dann zukünftig die Goldenen Mumien in einem klimatisierten Raum ausgestellt werden sollen. Wann die Bauarbeiten beendet sein werden, konnte natürlich keiner sagen.
Zu den Sehenswürdigkeiten Bahariya's gehört auch Qasr Selim, wo das Grab Banentiu's und das seines Vaters zu finden sind. V.a. das Grab des Banentiu ist sehr gut erhalten und farbenreich dekoriert, wie man gut auf dem Foto  erkennen kann.
Auch die Reste eines Tempels bei Ain Muftella sind sehenswert. Vom Tempel aus der 26. Dynastie sind nur noch vier Kapellen erhalten; diese wurden aber restauriert und überdacht. Nicht weit davon entfernt befinden sich die Ruinen des Tempels Alexander des Großen. Er kam nach seinem Besuch beim Orakel in Siwa auch in der Oase Bahariya vorbei und hat hier den Bau eines Tempels veranlasst.
 
 
 
Einen Tagesausflug unternehmen wir nach Al Heiz. Al Heiz besteht aus mehreren kleineren Ortschaften, die sich alle ursprünglich um eine Quelle gruppierten und deren Namen dann auch meist mit Ain beginnt. In Al Heiz ticken die Uhren noch ein wenig anders als in der übrigen Oase. Generatoren erzeugen den Strom, den es auch heutzutage nur stundenweise (am Abend) gibt. Es lohnt sich sehr hier einen Spaziergang durch die Gärten zu machen. Natürlich gibt es auch hier Kamele.
Wir sind als Gäste in Ain Gharbiya, spazieren durch die Gärten, besuchen die Kamele, ernten Erdnüsse, die wir nach dem Rösten im Feuer, im Schatten nahe eines Brunnen sitzend verspeisen. Dazu gibt es natürlich Tee.
 
  
    
 
Die Dattelernte ist auch hier noch im vollen Gange. Diese Datteln liegen zum Trocknen in der Sonne. Später werden sie zu Agwa gepresst und können dann monatelang aufgehoben werden. Am Besten das Agwa etwas in warmen Olivenöl und Sesam schwenken. Eine süße Delikatesse.
 
 
 
 
 
 
 
   
Die letzten Tage machen wir noch zwei kleinere Ausflüge. Wir fahren zum Gebel Inglez, dem Englischen Berg, und in Richtung Bir Ghaba. Der Gebel Dist macht eine gute Figur im Lichte der untergehenden Sonne. In unmittelbarer Nähe des Gebel Dist, den man aufgrund seiner Form auch als Pyramidenberg bezeichnet, wurde das Skelett des weltweit zweitgrößten Dinosauriers gefunden.
 
 
 
 
 
 
Sehr schön ist auch eine Fahrt und ein Spaziergang durch die Gärten von Agouz. Wir sehen jede Menge bereits abgernteter Dattelpalmen. Wenn man bedenkt, dass die Oasenbewohner zum Ernten auf die Palmen klettern müssen um die Datteln abzuschlagen, kann man sich vorstellen, dass diese Arbeit nicht ganz so leicht zu bewerkstelligen ist.
 
 
 
 
 
 
 
 
Mit einem Blick auf die Straßen von Bawiti, der Hauptstadt der Oasen von Bahariya, verabschieden wir uns und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.