Das Leben der Frauen in der Oase Bahariya

 
Wie an anderer Stelle schon erwähnt spielt sich das Leben der Frauen in der Oase Bahariya hauptsächlich im eigenen Haus bzw. Gehöft ab.
 
Die Frauen sind zuständig für den Haushalt, kochen, kümmern sich um den evtl. vorhandenen Hausgarten und um ihr Geflügel (die meisten Familien halten Tauben, Hühner, Puten, Enten, Gänse,...). Sie gehen aber auch im Haus handwerklichen Arbeiten nach: einige (v.a. ältere) stellen noch Palmengegenstände aller Art her (von strapazierfähigen Teppichen bis hin zu Kinderspielzeug) und viele nähen. Galabiyas werden nicht nur kürzer oder passend gemacht sondern auch manchmal vollständig selbst genäht. Zu den Aufgaben der Frauen gehört auch die Mithilfe bei der Dattelernte: die Datteln werden von den Männern ins Gehöft gebracht und von den Frauen aussortiert, in der Sonne getrocknet und v.a. zu Agwa weiterverarbeitet. Auch Oliven oder Rettichgemüse wird eingelegt und so für viele Monate haltbar gemacht.
Die Hausarbeit gestaltet sich noch viel anstrengender als für uns westliche Frauen: statt vollautomatischen Waschmaschinen sind lediglich halbautomatische weit verbreitet, so dass die Wäsche noch umständlich ausgewaschen werden muss bevor man sie aufhängen kann. Auch wird in vielen Haushalten meist regelmäßig noch eigenes Brot gebacken. Dazu steht den Familien subventioniertes Weizenmehl zur Verfügung.
 
Eine der wichtigsten Aufgaben der Frauen ist aber die Erziehung der eigenen Kinder. V.a. die Töchter werden sehr streng erzogen und auf ihr Leben als zukünftige Ehefrau vorbereitet. Schon früh helfen die Töchter ihrer Mutter im Haushalt. Auch für die Erziehung der Söhne ist die Frau verantwortlich. Allerdings werden Söhne, v.a. die Erstgeborenen, von ihren Müttern meist extrem verwöhnt und zu kleinen Prinzen herangezogen. Die Kinder - egal ob Junge oder Mädchen - sehen in ihrem Vater eine strenge, aber liebenswerte Bezugsperson. Oft droht die Mutter auch mit "Warte bis dein Vater nach Hause kommt" um ihre Kinder im Zaum zu halten. Die Beziehungen zwischen den Kindern und ihren Müttern sind aber so vielfältig wie in anderen Ländern auch und so gibt es Mütter, die es mit der Erziehung ihrer Kinder ernster nehmen als andere. 
 
Die Frau ist im Allgemeinen also sehr ans Haus gebunden und v.a. frisch verheiratete Frauen gehen selten außer Haus. Früher war es üblich, dass die Frauen zur Familie des Mannes gezogen sind und ihre Schwiegermütter im Haushalt unterstützten. Heute ziehen viele Frauen mit ihren Ehemännern aufgrund des steigenden Wohlstandes in eigene Wohnungen oder Häuser, die nicht immer in der Nähe des Familienhauses liegen. Erst wenn die Frau einen gewissen Status als Ehefrau und Mutter inne hat, eröffnen sich ihr wieder neue Freiheitsräume. Dabei ist zu beobachten, dass Frauen in den Dörfern generell mehr Bewegungsfreiheit haben als Frauen, die in den großen Ortschaften Bawiti und El Qasr leben.
 
Die meisten Frauen in der Oase heiraten nach wie vor jung, meist unter 20 Jahren und es gibt auch noch Eheschließungen, bei denen die Ehefrau unter 18 Jahre alt ist - obwohl das gesetzlich vorgeschriebene Heiratsalter mittlerweile bei 18 Jahren liegt (eine Heirat unter 18 Jahren also verboten ist). Im 1. Jahr nach der Hochzeit kommt i.d.R. auch schon das 1. Kind oder ist zumindest unterwegs. Die meisten Familien lassen sich danach aber mindestens 2 bis 3 Jahre Zeit bis zum nächsten. Das Thema Verhütung spielt dabei natürlich eine Rolle und in Frauenkreisen tauscht man sich auch über dieses Thema aus. Während eine Frau früher mindestens 5 Kinder oder mehr geboren hat, liegt die optimale Kinderzahl zur Zeit bei 3 bis 4. Aber unter diesen sollte sich ein Sohn befinden - wenn nicht, wird einfach so lange weiterprobiert bis es mit dem ersehnten Sohn klappt. Ein erstgeborener Sohn wird immer noch als besonders angesehen und auch der Name der Mutter ändert sich mit dem ersten Sohn. Sie wird ab sofort als Umm + Name des Sohnes angesprochen werden. Hinter der Sehnsucht nach einem Sohn steht auch der Gedanke, dass es die Aufgabe der Söhne und ihrer Familien ist im Alter die Eltern zu unterstützen.
 
In Ägypten gibt es eine allgemeine Schulpflicht von 6 Jahren, also bis zum 12. Lebensjahr. Auch Mädchen gehen mindestens 6 Jahre zur Schule. Ältere Frauen, v.a. aus den Dörfern, haben i.d.R. keine Schule besucht und können daher oft weder lesen noch schreiben. Die meisten Mädchen besuchen heutzutage aber auch weiterführende Schulen bis zur Highschool und viele machen Abitur. Einige gehen danach zum Studium nach Kairo. Manche Mädchen verlassen die Schule, wenn sie heiraten. Andere werden zwar früh verlobt, aber es wird eine lange Verlobungszeit vereinbart, in der die jungen Frauen die Schule mit dem Abitur beenden können. 
 
Auch haben sich die Erwartungen der jungen Männer verändert: es gibt einige (v.a. diejenigen, die im Tourismus arbeiten), die sich eine "gebildete" Frau wünschen, die vielleicht sogar einmal ein Buch in die Hand nimmt... dabei vergessen die jungen Männer leider oft, dass sie selbst auch nicht unbedingt Leseratten sind und ihre "Bildung" sich auf den Umgang mit ausländischen Touristen beschränkt.
 
Obwohl gesetzlich seit den 90er Jahren verboten, ist auch die Mädchenbeschneidung leider noch weit verbreitet. Dabei wird die Beschneidung bzw. die Verstümmelung der Mädchen von der gleichen Frau durchgeführt, die dabei hilft die Mädchen zur Welt zu bringen - von der örtlichen Hebamme. Nur langsam setzt sich das Bewusstsein durch, dass Mädchenbeschneidung falsch und auch religiös nicht legimitiert ist. Es existiert aber immer noch die Angst, dass unbeschnittene Mädchen keinen guten Ehemann finden. Dabei entscheiden die Frauen der Familien - allen voran die Mütter und Großmütter - ob ein Mädchen der grausamen Prozedur der Beschneidung unterzogen werden soll. Darüber hinaus wird das Thema in der Oase totgeschwiegen und es macht  keinen Sinn sich mit einem Mann aus der Oase darüber unterhalten zu wollen - diese wissen über das Thema so gut wie nichts.
 
Nicht alle Frauen Bahariya's widmen sich nur dem Haushalt und den Kindern, sondern es gibt auch berufstätige Frauen. Früher arbeiteten die Frauen nur, wenn sie es mussten um zum Haushaltseinkommen beizutragen. Auch Frauen gingen der Feldarbeit nach. Es war dabei schon immer ein gewisses Zeichen von Wohlstand, wenn die Frauen einer Familie zuhause bleiben konnten.
Heutzutage gibt es aber auch Frauen, die nicht nur arbeiten, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen. Einige verdienen sich etwas dazu, in dem sie z.b. Brot backen und verkaufen. Andere haben ihren eigenen kleinen Laden oder arbeiten als Lehrerin oder Ärztin. Einige betätigen sich sogar künstlerisch. Dabei gilt der Grundsatz des islamischen Rechts: d.h. der berufstätigen Frau steht es frei, was sie mit ihrem eigens verdientem Geld macht. Sie kann, muss aber nicht zum Haushaltseinkommen beitragen. In der Zeit, in der die Frauen ihrer Arbeit nachgehen, kümmern sich i.d.R. andere Frauen der Großfamilie um die Kinder der berufstätigen Frau.
 
Als Fazit kann man festhalten, dass sich auch das Leben der Frauen in Bahariya langsam wandelt und v.a. sind die Frauen durchaus selbstbewusst und keine von den Männern versklavten Personen, wie man es im Westen oft gerne annimmt. Die Oasenfrau ist von der Schulbildung nicht mehr ausgenommen, verdient teilweise ihr eigenes Geld und trifft ihre eigenen Entscheidungen. Wenn es um die Themen Kindererziehung und Haushalt geht, hat sie traditionell große Mitsprache-, wenn nicht sogar Entscheidungsbefugnisse. Natürlich sind dabei ihre persönlichen Freiheitsräume aber auch von der Meinung und manchmal auch vom Gutdünken ihres Vaters und später ihres Ehemannes abhängig.
 
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