Oase Bahariya

Die Oase Bahariya (arabisch: الواحات البحرية "Al Wahat Al Bahariya"; übersetzt: die nördlichen Oasen) liegt ca. 350 km südwestlich von Kairo in einer Senke der Westlichen Wüste, die sich in nördlich-südlicher Richtung über fast 95 km und in östlich-westlicher Richtung bis maximal 42 km erstreckt. Weil Bahariya mit diesen Ausmaßen die kleinste Depression im Vergleich zu den Oasen Farafra, Dachla und Kharga ist, wurde sie in der Vergangenheit auch als "Kleine Oase" bezeichnet. Ihr heutiger Name bezieht sich schlicht auf ihre Lage zu den o.g. Oasen. Sie liegt 130 m über dem Meeresspiegel. 

In der Senke der Oase Bahariya liegt die Schwarze Wüste, weshalb Bahariya auch von verschiedenen Autoren "Die Schwarze Oase" genannt wurde. In die berühmte Weiße Wüste sind es von Bawiti aus noch ca. 160 km.

Bahariya setzt sich aus verschiedenen Ortschaften zusammen, darunter Bawiti, dem derzeitigen Verwaltungssitz und El Qasr, dem ursprünglichem Zentrum. Bawiti und El Qasr sind mittlerweile zusammengewachsen und nur Einheimische können noch sagen, ob sie sich in Bawiti oder El Qasr befinden. Ca. 20.000 Menschen leben in Bawiti/El Qasr; im gesamten Oasengebiet sind es etwa 40.000. Bahariya gehört als einzige Oase zum Verwaltungsgebiet des Gouvernements Gizeh (westlich von Kairo).

Haupteinnahmequelle ist nach wie vor die Landwirtschaft: Angebaut werden vor allem Datteln und Oliven. Die Datteln werden in Bahariya nicht nur geerntet und getrocknet sondern auch weiterverarbeitet, kundengerecht verpackt und ins Niltal exportiert. Außerdem werden Limonen, Aprikosen, Orangen, Mango, Tomaten, Kartoffeln, Bohnen, Weizen und Mais angebaut. Vieles wächst im Schatten der Dattel- und Olivenhaine für den Eigenbedarf; was darüber hinaus geht wird verkauft. Da Dattelpalmen nicht nur besonders viel Wasser benötigen, sondern auch aufwändig gepflegt werden müsssen, sind einige Bauern dabei auf andere Produkte wie Oliven oder Aprikosen für den Verkauf umzustellen.

Geschichte und Entwicklung

Obwohl es bis heute keine eindeutigen Beweise gibt, wird angenommen, dass Bahariya bereits während der Altsteinzeit besiedelt war. In der Jungsteinzeit lebten hier Jäger und Sammler an den damals noch natürlich sprudelnden Quellen. Aus dieser Zeit wurden einige Werkzeuge gefunden.

Auch für die Zeit des Alten Reiches (ca. 3. Jahrtausend vor Christus) gibt es keine Belege für eine Besiedlung, allerdings wird die Nachbaroase Farafra in altägyptischen Dokumenten erwähnt, weshalb auch für Bahariya von einer Besiedlung im Alten Reich ausgegangen werden kann.

Im Mittleren Reich wurde auch Bahariya in altägyptischen Quellen erwähnt und aus dem Neuen Reich gibt es erstmals Funde:

Aus der 18. oder 19. Dynastie stammt das Grab des Amenhotep bei Qarat Hilwah. Während der 19. Dynastie musste Bahariya nachweislich Tribut ans Niltal entrichten und Truppen aufnehmen. Im Verlauf der 19. und 20. Dynastie gab es eine libysche Invasion in Bahariya, während derer Bahariya vom ägyptischen Kernland abgeschnitten wurde und später weitgehend autonom weiter existierte.

Ab der 22. Dynastie war die Oase aber wieder mit Ägypten verbunden und die Bevölkerung bestand teilweise aus libyschstämmigen Familien. Von 950 bis 630 vor Christus erlebte Bahariya eine berberische Kulturphase.

Ihre Blütezeit hatte die Oase während der 26. Dynastie als Weinlieferant für das Niltal: aus dieser Zeit stammen die meisten heute noch bekannten Bauwerke (z.b. Grab des Banentiu). Die Oasenhauptstadt lag beim heutigen El Qasr.

In der römisch-ptolemäischen Zeit (etwa 332 vor Christus bis ins 4. Jahrhundert nach Christus) existierte in Bahariya ebenfalls eine prosperierende Oasengesellschaft. Der Fund der Goldenen Mumien in den 90er Jahren, der Bahariya schlagartig zu Weltruhm verhalf, beweist dies eindrücklich. Sogar Alexander der Große fand seinen Weg nach Bahariya und ließ hier den einzigen ihm geweihten Tempel auf ägyptischem Boden errichten.

Spätestens im 4. Jahrhundert, also noch unter den Römern, begann in Bahariya die christliche Epoche, die bis ins 12. Jahrhundert hinein andauern sollte. In dieser Zeit wurden die Bindungen ins Niltal wieder schwächer. Die Kirche von El Heiz, die dem heiligen Georg geweiht war, zeugt von Bahariyas christlicher Zeit. Schon ab dem 9. oder 10. Jahrhundert zogen wohl Muslime in die Oase zu. Allerdings gibt es nur sehr spärliche Informationen zur Islamisierung Bahariyas. Ab dem 11. Jahrhundert stand die Oase wieder unter libyscher Herrschaft, worüber es noch weniger Informationen gibt. Bis ins 14. Jahrhundert gab es aber noch einen Bischofssitz in Bahariya und bis zum frühen 18. Jahrhundert lebten noch einige christliche Familien in der Oase.

Ab dem 16. Jahrhundert waren einige kleinere osmanische Militärposten in der Senke postiert und ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts brachen die Kontakte Bahariyas mit dem Niltal vollständig ab. Danach folgte eine Einwanderungswelle von noch heute in Bahariya lebenden beduinischen Familien aus dem Niltal. Ein Großteil der heutigen Bevölkerung geht auf diese Einwanderungswelle zurück. Ein kleinerer Teil der heutigen Bewohner stammt ursprünglich aus Libyen; nur wenige Familien gehen heute noch auf die vormals christliche Bevölkerung zurück. Ein Teil der Einwohner der kleinen Ortschaft Agouz stammt ursprünglich aus der Oase Siwa: Ehebrecherinnen, Diebe und andere Kleinkriminelle sollen einer Legende nach aus Siwa in die Oase Bahariya verbannt worden sein.

Im 19. Jahrhundert hatten die Oasen keinerlei strategische Bedeutung mehr, wurden aber trotzdem von Mohammed Ali 1813 in seinen Herrschaftsbereich eingegliedert. Das bedeutete für die Oasenbewohner zunächst nur, dass sie Steuern abzuführen hatten, aber weiterhin sehr autonom waren. Der erste Europäer der Neuzeit in Bahariya war Giovanni Belzoni am 25. Mai 1818.

In den folgenden Jahrzehnten wurden die Bindungen an das Niltal wieder enger. 1916 besetzte die religiöse Bruderschaft der Senoussi Bahariya für ein Jahr. Die Senoussi wurden von den Engländern vertrieben, die wiederum Bahariya bis 1917 besetzt hielten. Danach wurde Bahariya von ägyptischen Beamten zivil verwaltet, wobei die Polizeigewalt bis 1922 noch von den Briten ausgeübt wurde.

Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb Bahariya formell unter ägyptischer Verwaltung, aber bis in die 1980er Jahre hinein regelten die einheimischen Scheichs alle Angelegenheiten intern. Seit den 1970er kam es verstärkt zu einem Ausbau der ägyptischen Verwaltung und Infrastruktur. Mit dem Ausbau der Telekommunikation, der Stromleitung und der Fertigstellung der Apshaltstraße wurde Bahariya Anfang der 80er Jahre dann mit einem Schlag in die "Neuzeit" versetzt.

Seit Fertigstellung der Asphaltstraße fanden immer mehr Touristen ihren Weg in die Oase; am Anfang v.a. typische Rucksackreisende. Mittlerweile ist der Tourismus in Bahariya fest verwurzelt und es gibt eine touristische Infrastruktur. Die Bindungen an das Niltal werden nach wie vor enger; auch durch Heirat und Migration in beide Richtungen. Seit einigen Jahren gibt es einen regelrechten Grundstücks-Boom und die Preise für Land sind in astronomische Höhen gestiegen. Dies ist besonders bemerkenswert durch die Tatsache, dass bis ins 20. Jahrhundert hinein Grund und Boden frei zugänglich waren. Erst durch die Erschließung von Brunnen und dem Anpflanzen wurde Land Privateigentum, aber nur solange das Land auch genutzt wurde.

Die Revolution 2011 konnte dem Grundstücks-Boom nichts anhaben, allerdings erlebte der Tourismus in den Monaten nach der Revolution einen dramatischen Einbruch. Im Frühjahr und v.a. zu Ostern 2012 sah es zwar nach einer Erholung aus, allerdings dürfte diese Erholung in naher Zukunft in Schüben verlaufen - je nach politischer Entwicklung und Darstellung dieser in den Medien.

diverse Quellen